Pollenparty: Insektenfreundlicher Garten

Wer ein Refugium für Bestäuber schaffen will, muss aber nicht gleich den ganzen Garten umgestalten, sondern sollte zuerst Inventur machen: Sicherlich gedeihen schon einige insektenfreundliche Gewächse im eigenen Garten. Vielleicht stehen schon ein  Apfelbaum und Beerensträucher oder wächst vielleicht der Gundermann im Rasen? Die Insekten freuen sich über jeden noch so kleinen Schritt. Denn für sie gilt: Jede Blüte zählt!

GartenDickkopf Falter auf Wildem MajoranSeit einigen Jahren ist allerorts vom großen Insektensterben die Rede. „Dabei wird nicht nur die Anzahl der einzelnen Tiere weniger, sondern die Vielfalt der Arten nimmt ab“, erklärt Dr. Astrid Wetzel, Koordinatorin des Naturschutz-Infozentrums Amöneburg und fügt an: „Wenn wir uns Gedanken über einen insektenfreundlichen Garten machen, sollten wir nicht nur an die Honigbiene und die fast 600 verschiedenen Wildbienen-Arten denken. Unsere Kultur- und Wildpfl anzen werden auch von Fliegen und Schwebfliegen, Wespen, Tag- und Nachtfaltern, Käfern und Wanzen bestäubt und im Kreislauf der Natur spielen viele Bodeninsekten und ihre Larven eine wichtige Rolle.

Von zentraler Bedeutung für die Ernährung der Insekten ist die Auswahl der Pflanzen im Garten. Manche Insekten sind auf bestimmte Pfl anzen angewiesen, andere sind da nicht so wählerisch. „Wer eine große Vielfalt an Insekten ins heimische Grün locken will,  sollte Pflanzen mit verschiedenen Blütentypen wählen“, erklärt die Botanikerin. Scheiben- und Schalenblumen, wie zum Beispiel die Mohnblume, sind für Bestäuber leicht zugänglich. Sie werden von sehr vielen verschiedenen Insekten angeflogen. Je versteckter der Nektar liegt, desto spezialisierter sind die Insekten, um an die Nahrung zu kommen. Deshalb gibt es bei solchen Blütentypen oft eine sehr enge Beziehung zwischen Pflanze und Bestäuber.

Wichtig bei der Zusammenstellung ist auch, dass vom zeitigen Frühjahr bis in den Herbst hinein ein Nahrungsangebot vorhanden ist. Frühblüher wie zum Beispiel Schneeglöckchen, Krokusse oder Narzissen sind für viele früh fliegende Insekten überlebensnotwendig – und oft auch sehr hübsch. Trotzdem ist es auch sinnvoll auf eine Winterruhe für Bienen zu achten. „Wenn das Angebot im Winter zu reichlich ist und die Temperaturen deutlich im Plus, sammeln Bienen weiter und verausgaben sich zu sehr“, schildert Wetzel.

„Gut für Insekten und schön für die Menschen ist nicht immer das Gleiche“, informiert die Biologin, die in Marburg studiert und promoviert hat. Bei Gartenbesitzern sind oft gefüllte Blüten, zum Beispiel Rosen, beliebt. Solche Züchtungen sind für  blütenbestäubende Insekten uninteressant, denn sie können den Nektar oft nicht erreichen. Bei anderen Züchtungen, zum Beispiel einigen Tulpen- oder Winterheide-Sorten, öffnen sich die Blüten erst gar nicht. Auch diese liefern keine Nahrung. Die leuchtend gelbe Forsythie oder die beliebten Geranien sind für unsere Insekten oft wertlos, weil sie weder Pollen noch Nektar anbieten.

Zusammengefasst liefert ein naturnaher Garten mit heimischen Pflanzen, besonders Wildpflanzen, das beste Futterangebot für alles, was durch den Garten summt und brummt. „Und auch bei Bodendeckern gibt es blütenreiche, heimische Arten wie zum Beispiel Immergrün und Goldnessel“, erläutert Wetzel.

GartenFlockenblume mit Honigbiene

Wer den Nützlingen unter die Arme greifen möchte, sollte aber auch Wohnraum und Nistmöglichkeiten schaffen. Ein Tipp von der Expertin: Nicht immer „picobello“ aufräumen. Am besten ist es, wenn Gartenbesitzer natürliche Strukturen erhalten: Totholz stehen lassen, eine vermooste Mauer akzeptieren, oder im Herbst verblühte Stauden stehen lassen. Offene Lehm- oder Sandfl ächen, Trockenmauern, ein Steinhaufen, ein Reisighaufen, aber auch künstliche Nist hilfen dienen als Brutmöglichkeiten. Die Larven der Insekten haben nämlich ihre ganz eigenen Ansprüche, was Nahrung und Unterschlupf angeht. Einige Käferarten bevorzugen Kompost für ihren Nachwuchs, denn dort ist es warm und nährstoffreich. Es gibt auch Insekten, die ihre Eier ins Wasser oder auf Wasserpflanzen legen, oder deren Larven sich im Wasser entwickeln. Deshalb gehören auch kleine Gewässer zum Strukturreichtum eines insektenfreundlichen Gartens. Bei der Bodenbearbeitung sollten Hobbygärtner die Augen offen halten und Stellen, an denen bodenbrütende Insekten aus- und einfliegen, aussparen.

Tipps für den Balkon: Vielfalt auf kleinstem Raum

Auch Balkone, Dachterrassen oder sogar Fensterbänke bieten bei der richtigen Bepfl anzung einen Lebensraum für Insekten. Dabei sind beispielsweise Küchenkräuter wie Echter Salbei, Thymian, Bohnenkraut oder der Wilde Majoran gleich zweifach nützlich: Sie sind gute Insektenpfl anzen an stark sonnigen Standorten und können dann in der Küche zum Einsatz kommen. Für Balkone mit wenig Sonne eignen sich heimische Halbschattenpflanzen. Das sind zum Beispiel die Nachtviole, die Große Sternmiere oder das  Zimbelkraut. Auch in den Pflanzkästen sollte erst im Frühling aufgeräumt werden, da die hohlen Stängel als Überwinterungsplatz für Insekten und deren Larven dienen.

Je kleiner eine Fläche ist, desto mehr bietet es sich an, Kletterpflanzen einzubeziehen. Hier empfehlen sich Duftwicke, Kapuzinerkresse, Stangenbohnen, Stauden-Wicke oder als langfristige Lösung Wilder Wein und Efeu. Hilfreich bei der Auswahl von  insektenfreundlichen Pflanzen ist eine Kennzeichnung beim Einkaufen, wie es sie zum Beispiel auf dem Pflanzenmarkt im Botanischen Garten gibt. Generell ist es nützlich, sich mal anzusehen, wie andere Leute ihren Garten gestalten. Das ist hier im Landkreis möglich, wenn die Zaungucker ihre Gartentore öffnen. Termine unter: www.gaerten-fuer-zaungucker.de.

Eine Auswahl insektenfreundlicher Pflanzen

Für Bienen: Garten-Salbei, Muskateller-Salbei, Natternkopf, Nesseln, Ranken-Glockenblume, Rundblättrige Glockenblume, Roter Fingerhut, Krokus, Nickende Distel, Phacelia, Kugeldistel, Lungenkraut, Färberkamille, Ackerbohne, Ysop.
Für Tagfalter: Ackerwitwenblume, Wiesenflockenblume, Rotklee, Nelkenarten, Frühlings-Platterbse, Gewöhnlicher Hornklee, Karde, Ginster.
Für Nachtfalter: Nachtkerze, Jelängerjelieber, Weiße Lichtnelke, Nickendes Leimkraut, Zaun-Winde.
Für Käfer: Doldenblütler wie Wiesenkerbel, Kälberkropf, Engelwurz oder Wiesen-Bärenklau.
Für Wanzen: Knöterich, Ampfer, Doldenblütler, Disteln, Weidenröschen, Himbeeren, Brombeeren
Fliegen: Doldenblütler, wie Fenchel, Dill oder Kümmel, Korbblütler wie Färber- oder Hundskamille, und Fallenblumen wie Schwalbenwurz

Streifenwanze auf Doldenblütler 4cWeitere interessante Links:

www.bee-careful.com/de/bienenhelfer/bienenfreundliche-pflanzen
www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben
www.bund-naturschutz.de/oekologisch-leben/garten

 

Von Stefanie Wellner

Fotos: Adobe Stock © Vera Kuttelvaserova, © Tanouchka, © kazakovmaksim; Astrid Wetzel; Ulmer Verlag

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