Schluss mit den Ausreden

Plastik-Verpackungsmüll „Lebewohl“ sagen – nicht möglich? Und ob! Vermehrt bieten Discounter und Drogeriemärkte Produkte auch unverpackt oder in Papier an. In Marburg erleichtern seit diesem Jahr zusätzlich zwei Unverpacktläden den müllfreien Einkauf. Ich habe den Selbsttest gemacht: Wie schwierig ist es tatsächlich, im Alltag auf Plastikverpackungen zu verzichten? Und: Sind unverpackte Produkte wirklich teurer?

Die Salatgurke ist in Folie eingeschweißt, der Brokkoli trägt einen Plastikmantel und die Pilze sind in Kunststoffschalen gesperrt. Sogar Bananen, Melonen und Orangen, die eine natürliche „Verpackung“ haben, sind im Supermarkt oft zusätzlich eingepackt. Und was kommt dabei heraus? 37 Kilogramm Plastik (8200 Joghurtbecher) pro Kopf und Jahr alleine in Deutschland, das in wenigen Sekunden in die Tonne wandert. Für mich ist klar: Ich möchte „meine“ 37  Kilogramm reduzieren. Am liebsten auf 0.

unverpacktbulksErster Schritt: Lebensmittel

Mit meinem eigenen Stoffbeutel in der Hand gehe ich zu Lidl und Aldi und bin überrascht: von Äpfeln, Bananen und Kiwis über Blumenkohl, Zucchini und Kohlrabi bis zu Tomate, Salat und Paprika gibt es viel
Obst und Gemüse lose zu kaufen. Unverpackt bedeutet dabei oft sogar günstiger. Die Auswahl ist jedoch begrenzt: Ich vermisse Pilze, Kartoffeln und Möhren. Fündig werde ich bei Rewe und Tegut – und auch dort nicht teurer als in Plastik verpackt. Zugegeben: Das Hin- und Herrennen zwischen verschiedenen Supermärkten ist manchmal ganz schön nervig. Mein Tipp: der Besuch auf dem Wochenmarkt. Die Preise sind etwas höher, dafür habe ich aber alles „in  einem Aufwasch“ erledigt, nehme sehr gute Qualität mit nach Hause und kaufe regionale Ware. Für Milchprodukte und Getränke muss ich dann aber doch noch einmal los. Schon lange kaufe ich Wasser, Limo, Saft und auch Joghurt und Milch in der Pfandflasche beziehungsweise im Pfandglas – das ist teurer, schmeckt aber einfach besser. Neu ist für mich: Bei Tegut und Denn‘s Biomarkt gibt es auch Quark und Sahne im Pfandglas! Da greife ich doch begeistert zu.

Kniffelig wird es an der Frischetheke: Entsetzt stelle ich fest, dass zwischen jedes Scheibchen Wurst oder Käse eine dünne Plastikfolie wandert. Ich frage nach, ob das denn nötig sei und erhalte ein umständliches Gebrabbel über  Hygienevorschriften zur Antwort. Hartnäckig bleibe ich dran und werde schließlich fündig: Bei Tegut und der Marburger Metzgerei Meier III wiegen die Verkäufer die Ware direkt in meine mitgebrachte Tupperbox ab – Herausforderung erfolgreich gemeistert!

Doch meine Beharrlichkeit wird leider nicht immer belohnt: Backartikel, Hülsenfrüchte und Müsli beispielsweise gibt es im Supermarkt nicht unverpackt. Also auf zum Unverpacktladen! Ich bin begeistert: Von Nüssen über Chiasamen, Couscous und Kichererbsen bis zu Knuspermüsli und getrockneten Früchten gibt es dort alles, was mein Herz begehrt – ohne Verpackung, dafür aber deutlich teurer als im Supermarkt. Trotzdem schlage ich zu, denn es macht einfach Spaß, Plastik den Mittelfinger zeigen zu können.

Zweiter Schritt: Hygieneartikel

Als ich bei Rossmann und dm zur Tür hineinkomme, erschlägt mich nicht nur die Flut an Plastikdöschen, -flaschen und -tütchen, sondern auch ein durchdringender Geruch nach Kunststoff. Auf der Suche nach unverpackten Artikeln  fühle ich mich wie bei der berühmten Nadel im Heuhaufen. Doch ich werde fündig: Feste Seife in Papier gibt es von „Fa“ bereits ab 35 Cent pro 100-Gramm-Stück. Das reicht für ungefähr 300 Wäschen, die gleiche Menge Flüssigseife nur für etwa 60 Wäschen: Plastikfrei ist also auch hier günstiger. Gleiches gilt für festes Shampoo, das es bei dm für 4,95 Euro pro 60-Gramm-Stück gibt: Für mich reicht das genauso lange wie etwa drei Shampoo-Flaschen. Bei dm stoße ich außerdem auf Zahnputztabletten (4,95 Euro pro 125 Stück), die für etwa zwei Monate reichen. Überrascht stelle ich fest: Für Zahnpasta in Plastiktuben gebe ich mehr aus! Also ab in den Einkaufskorb, gefolgt von Mundspülung von Odol in der Glasflasche. Um mein Sortiment zu vervollständigen, greife ich zu einer Bambuszahnbürste, die mit 1,95 Euro pro Stück jedoch erheblich teurer ist als die aus Plastik (0,33 Euro pro Stück).unverpacktseife

WC-Reiniger, Kalkentferner und Co. gibt es in der Drogerie nur in Plastik, da lässt sich nichts machen. Ich habe eine empfehlenswerte Alternative: Essigessenz (im Glas erhältlich), Natron und Zitronensäure (beides in Papierverpackung)  sind als Putzmittel vielseitig einsetzbar – und funktionieren super! Wer doch lieber flüssige Shampoos oder Reinigungsmittel nutzen möchte, wird auch hier im Unverpacktladen fündig. Plastikfrei einzukaufen ist einfacher als gedacht, oft günstiger als erwartet und macht einfach Spaß. Ich werde auf jeden Fall dranbleiben und dem Plastik auch weiterhin den Kampf ansagen! Vielleicht trifft man sich ja bei dieser Gelegenheit mal im Unverpacktladen, ein Besuch lohnt sich immer.

Von Anna-Lena Georg, Fotos: Nadine Storjohann, mr//media;

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